Hanau, den 12.01.2022
Sehr geehrter Herr Naidoo,
unablässig appellieren Sie an einen gesunden Menschenverstand. Unablässig an kritisches, differenziertes Denken hinsichtlich politischer und gesellschaftlicher Haltungen und Ausrichtungen.
Seit geraumer Zeit verfolge ich nun Ihr Handeln. Ihre Art, Menschen zu manipulieren. Zu indoktrinieren für die Auswüchse eines offensichtlich sehr begrenzten Verstandes. Des Verstandes eines einst respektablen und ehrbaren Künstlers, dessen vordergründiges Motiv heute, so scheint es, dass Streben nach medialer Aufmerksamkeit und Popularität um jeden Preis ist. Aufmerksamkeit, die er offenbar nur noch dadurch erreicht, die Mechanismen eines demokratischen Rechtsstaates für eben diese Zwecke und auf perfideste Weise zu instrumentalisieren.
Es liegt mir fern, Sie persönlich anzugreifen. Ihre Musik, die Sprache Ihrer Texte vermittelt etwas anderes als das, wofür sie als Person heute zu stehen scheinen. Sie vermittelt Verständnis, Nachsicht, Toleranz und Liebe. Nicht Hass und Ausgrenzung. Nicht Argwohn noch Niedertracht. (Un)Werte, die sie heute durch Ihre Haltung provozieren. Werteverfall, den ich bedaure. Für den ich Sie bedaure.
Sie erheben das Wort, in dem Sie sich auf das verbriefte Grundrecht der freien Meinungsäußerung berufen, festgelegt in der Verfassung dieses Landes, die, Ihrer Aussage nach, nicht das Papier Wert sei, auf dem sie geschrieben steht. Sie hetzen gegen die Presse- und Meinungsfreiheit, die offensichtlich nur solange Bedeutung hat, solange Sie Ihnen bei der Verbreitung Ihrer Theorien und Thesen dienlich scheint. Antithesen, Gegenstimmen, wissenschaftlich belastbare Erkenntnisse werden unter allen gebotenen wie unbotmäßigen Mitteln niedergeschrien.
Herr Naidoo, es besteht ein wesentlicher Makel am demokratischen Rechtssystem. Dem nämlich, dass er auch der Dummheit eine Bühne bieten muss, was vordergründig nur der Dummheit Früchte trägt. Der Dummheit derer, als deren Sprachrohr, als deren Medium Sie sich offenbar verstehen. Derer, die ihren Unverstand an Demagogen und Aufrührern nähren. Derer, die diesen willenlos und willfährig den Weg bereiten in dem sie als ergebenen Paladine und Vasallen mit gesenktem Haupte in vorauseilendem Kadavergehorsam denen folgen, denen es um nichts anderes als um die primitivste Art der Selbstinszenierung geht, wie es hier der Fall scheint.
Ich verbinde mit meinem Schreiben nicht die Hoffnung, dass es Sie in irgendeiner Form beeindruckt. Zu verhärtet scheinen Sie in ihren Ansichten. Zu verbrämt durch Ungeist und Unbildung. Durch Hass und dem, was aus diesem ergeht. Und doch bleibt die Hoffnung, dass wir eines Tages zu einer befriedeten Gesellschaft gelangen, die sich des Status´ eines vernunftbegabten, sozialen Wesens, wie es in der philosophischen Anthropologie heißt, für würdig erweist.
Von Menschen allerdings, die eines der abscheulichsten Verbrechen, derer sich die Menschheit schuldig machte, leugnen, Opfer verunglimpfen, der Lüge bezichtigen, Hetze gegen ethnische Minderheiten betreiben und über all dies sich selbst als Opfer von Hetzkampagnen und Falschmeldungen der sogenannten gleichgeschalteter Presse stilisieren, ist dies kaum zu erwarten. Sie tun dies in unverhohlener Weise, was gem. Paragraph 130 StGB eine in jedem Fall zu ahnende Straftat, vor humanistischen Werten wie einer christlich-sozialen Gesellschaftsordnung jedoch ein Abscheulichkeit darstellt, die den von Ihnen geleugneten Verbrechen in nichts nachsteht. Wo es das vordergründige Ziel sein muss, Menschen einander näher zu bringen, unter differenten Positionen zu vermitteln, betreiben Sie nichts als geistige Brandstiftung und Aufstachlung zur Gewalt.
Doch vielleicht werden auch Sie zu der Erkenntnis gelangen, dass die, die Sie mit Ihrer Botschaft zu erreichen gedenken, Ihnen nicht dauerhaft die Steigbügel halten werden, da deren Meinung käuflich ist und sie früher oder später der nächsten Sau folgen werden, die der kommende selbst ernannte Heilsbringer durchs Dorf treiben wird.
Gehen Sie zurück zu dem wofür der Name Xavier Naidoo bislang stand. Zur Musik, zur Lyrik, zur Poesie und dem Ideal der Menschlichkeit, wie es bislang in Ihren Texten Ausdruck fand. Gewalt hingegen, ob nun in verbaler oder tätiger Form, produziert nichts als gewaltsame Gegenreaktionen.
Sie berufen sich oft auf die Bibel. Auf die Kunde des Mannes, der dem Ungeist und der Dummheit zum Opfer fiel. Dem Ungeist, den Sie durch ihr Handeln heraufbeschwören.
Reiner Hans Bewersdorff