"Ohne das Gefühl der Zugehörigkeit zu den Bedrohten wäre ich ein sich selbst aufgebender Flüchtling vor der Wirklichkeit." Jean Améry
Samstag, 14. Dezember 2019
Nicht nur zur Weihnachtszeit
Ich habe mich schon immer an ihnen erfreut. An den Straßenmusikern auf öffentlichen Plätzen und Fußgängerzonen. Im rastlosen Getriebensein, überladener, mit Einkaufstüten und Dingen, die der Mensch nicht braucht, bepackter, vorüberhetzender Konsumenten stellen sie für mich eine Besonderheit dar. Ein bisschen Entspannung. Eine Einladung, stehen zu bleiben. Zuzuhören. Pause zu machen. Meist finden sie kaum Beachtung. Vorbeieilende werfen unachtsam ein paar Münzen in das hierfür bereitgestellte Gefäß, wodurch das ganze einen Bettel-Charakter erhält. Stehen bleibt kaum jemand. Umso aufmerksamer dagegen zwei uniformierten Mitarbeiter des Ordnungsamtes, die, ungeachtet dessen, dass die Musiker ihr Stück unterbrechen müssen, nach deren Legitimation fragen. Ich erfahre, dass man sich jeweils am Morgen des betreffenden Tages eine Genehmigung erteilen lassen muss, die dann zum Spielen berechtigt. Dies aber unter der Vorgabe, einmal pro Stunde seinen Standort zu wechseln. Kein Beamter lässt sich gern nach dem „Warum“ fragen. Ich erlaube es mir dennoch, was mir mit einen missmutigen „Wenn so was jeder machen würde“ beantwortet wird. Im Fortsetzen meines Weges, versuche ich mir dieses Bild vor Augen zu führen: Eine Fußgängerzone, voll von musizierenden, lachenden, tanzenden, das Leben feiernden Menschen. Und das ganze ohne behördliche Genehmigung. Was für eine grauenhafte Vorstellung!