Dass der Status "gehobene Gastronomie", sofern sich das betreffende Lokal
diesen selbst an Revers heftet, wenig wert ist, bedarf keiner profunden
Kenntnis des Szene.
Zweifellos hat es seinen Charme, eingerichtet nach Art französischer Cafés,
in dessen Ambiente man meint, Sartre und Beauvoir hätten es gerade verlassen
oder würden jeden Augenblick zur Tür hereinkommen. Auch die Karte lässt wenig zu
wünschen übrig, scheint von ausgesuchter Qualität. Lediglich am Service
mangelt es, will man von Service überhaupt sprechen.
Es sollte ein besonderer Abend werden, den ich mit meinem Gast in Form eines
stilvollen Essens in Café des Artistes, im Thalia Theater in Hamburg,
einleiten wollte.
Der Abend, an dem sämtliche Theater Hamburgs anlässlich des
Spielzeitauftaktes ihr neues Repertoire präsentieren. Zwei Stunden waren es
bis zum Beginn des Programms.
Zwei Stunden, die wie in entspannter Atmosphäre die Gastlichkeit des Lokals
genießen wollten.
Das Wetter erlaubt es, dass wir uns draußen einen Platz suchten. Die Tische
waren zu einem Drittel belegt, auf einem weiteren Drittel befanden
sich Schilder mit dem Hinweis "reserviert", was nachvollziehbar war,
rechnete man angesichts des stattfindenden Events sicher mit entsprechender
Gästezahl. Nach einer
Weile, wir warteten bereits eine gute halbe Stunde auf den Kellner, der uns
uns offenbar nicht bemerkte, fiel uns auf, dass jeder weitere Tisch, vom dem
sich die Gäste erhoben, mit
einem Reserviertschild versehen wurde. Das vermittelte wenig Charakter von
Gastlichkeit, man möchte fast sagen, man fühlte sich selbst als störend.
Endlich ergabt sich die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit des
Kellners zu erregen, in dem ich ihn im Vorbeieilen fragte, ob es möglich
sei, Kaffee nebst einer Karaffe Mineralwasser für meine Begleitung und mich
zu bestellen.
Nun offenbarte sich das Problem, dem der Betrieb sich offenbar ausgesetzt
sah. Man sei personell nicht auf diesen Andrang vorbereitet.
Zudem sei es zum Ausfall eines Mitarbeiters gekommen, wodurch mit längeren
Wartezeiten zu rechnen sei. Der Kaffee käme so schnell wie möglich, ob es
mit dem Wasser klappte, könnte
man zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Man wäre jedoch bemüht,
unserem Wunsch so zügig wie möglich zu entsprechen. Der besagte Andrang
äußerte sich zu diesem Zeitpunkt
gerade mal in 7 oder 8 besetzen Tischen, die von zwei Mitarbeitern zu
versorgen waren. Keine 20 Minuten später wurde dann zwar kein Kaffee,
sondern statt dessen ein Cappuccino und ein Latte Macchiato serviert.
Eine Reklamation ersparte ich uns wie auch dem Kellner, hätte dies den
Rahmen der Möglichkeiten womöglich völlig gesprengt.
Beim Kaffee aber sollte es nicht bleiben. Die Kuchenvitrine wies manche Appetitlichkeit auf, worauf wird uns entschlossen, einen erneuten Versuch zu
unternehmen eine
Bestellung durchzusetzen. Kuchen würde es schon geben, so die Äußerung
des verzweifelteren Kellners, jedoch mangelte es jetzt an Tellern und
Besteck,
selbigen zu servieren.
Ich will den Grund dieses offensichtlichen Chaos nicht auf mögliches
Unvermögen des Personals abwälzen. Im Gegenteil, ab einem gewissen Zeitpunkt
fanden wir die stete Bemühung, jeden weiteren Tisch durch entsprechen
Beschilderung vor
hungrigen Gästen zu blockieren, wie auch die hilflosen Erklärungsversuche
gegenüber Gästen, die sich von den Schildern wenig beeindrucken ließen, unterhaltsam. Es war, wie gesagt, der Spielzeitauftakt der Hamburger
Theater und wir beschlossen, dies als humoresken Teil des
Unterhatungsprogamms zu betrachten. Als wir nach 1,5 Stunden, nach Genuss
des Kaffees, den wir nicht bestellt hatten, nach Verzehr des Kuchens, für
den sich irgendwann schließlich doch noch Teller und Gabel fanden, das Café
verließen, stellten wir fest, dass dessen Defizite auch in
kassentechnischer Hinsicht bestanden. Den Kuchen überließ man uns, sicher
ungewollt, kostenfrei, was zu reklamieren mir am Ende doch die Einsicht
fehlte.