Selten besuchte ich dieses Café am Abend. Nie an einem Abend wie diesem. Ein Ort wie dieser ist nie derselbe, sooft man ihn besucht. Nicht die Menschen, die Atmosphäre macht den Unterschied. Die persönliche Stimmung, mit der man all dies wahrnimmt. Mit der ich es wahrnahm. Dieses Café. An einem Abend wie diesem.
Männer um einen Tisch nahe des Tresens versammelt. Versunken in ein Brettspiel. Eine alte Frau vor einem Glas Wein. Ihrem 90. Geburtstag entgegensehend, was sie einigen übrigen Gästen ungebeten kundtut. Ein einsamer Geburtstag. Vielleicht an einem Abend wie diesem. Vielleicht in diesem Café.
Wohin gehen sie, die Männer, nach dem Spiel? Wohin die Frau, wenn der Wein getrunken? Die Angst ein wenig gemildert für den Augenblick? Für den weiteren Weg durch die Nacht?
Wohin ich, von diesem Ort, an dem ich sie dereinst küsste?
Ein Café, an der Schwelle zur Nacht. Eine stets etwas aufgesetzt, unnahbare und zugleich schnippische Bedienung mit wachsgleichem Lächeln. Mancher mag sich gemeint fühlen in diesem kalten Blick aus schönen Augen. Gemeint fühlen im einstudierten Ausdruck ihrer Fassade. Die Erlösung für die Nacht, für sich selbst erhoffend in dem, was doch nichts weiterem dient als der Aufbesserung des Trinkgelds.