„Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles.“ (Faust1)
Der Kabarettist Georg Schramm hat anlässlich seiner Dankesrede zur Verleihung des Erich Fromm Preises vor einigen Jahren einen Satz geprägt, den ich diesem Beitrag voranstellen möchte:
„Nicht nach uns die Sintflut. Wie sind die Sintflut!“
Hierbei kann man es im Grunde belassen. Sich auf diese wenigen Worte beschränken, die alles beinhalten, an dem unsere Gesellschaft krankt. Eine Gesellschaft, die von allem den Preis, von kaum etwas jedoch den Wert noch kennt. Die, denen noch dieses Bewusstsein zu eigen ist, die noch differenzierten Denkens im Stande sind, die noch hinschauen, ziehen sich zunehmend in sich selbst zurück, weil ihre Stimmen allzu oft verhallen im geistlosen
Geplärre des Pöbels, angestiftet und infiziert von denen, die angesichts der Mehrung des eigenen Profits, ob nun wirtschaftlich oder karrieristisch motiviert, auf die Dummheit derer setzen, die ihnen willfährig den Steigbügel halten. Die Dummheit derer, denen es an Verstand fehlt, die Konsequenzen ihres Handelns zu überschauen.
Worin aber Trost finden? Woraus Hoffnung schöpfen, dass es sich am Ende doch zum Guten wenden wird? Das Problem, um das es geht, ist so alt wie die Menschheit selbst. Der Mensch als intelligentes, vernunftbegabtes Wesen, hat diese beiden Attribute vor allem für eines eingesetzt: Für die Mehrung des eigenen Wohlstandes, zunächst natürlich durch Fleiß und Strebsamkeit, nicht selten aber auch durch Anwendung von Gewalt und Ausbeutung Dritter. Durch widerrechtliche Aneignung und maßlose Verschwendung von Ressourcen
und der billigenden Inkaufnahme von Leid und Verelendung derer, die diesen Wohlstand in erheblichem Maße sichern.
Der
Einzelne, der sein Lebensglück in Mallorca-Urlaub und Sangria-Kotze
sieht, wie die, die uns tagein tagaus belügen mit ihren hohlwangigen
Phrasen und Heilsversprechen, sei es in Wirtschaft und Politik, sei es
in Worten von der Kanzel, wenn hie und da halbseidene Pseudo-Pfaffen Wasser predigen und sich selbst am Wein ergötzen. Gott hat das Menschheitsmodell längst sich selbst überlassen. Bestenfalls dient er noch als
Namensgeber für ein durchaus profitables Wirtschaftsunternehmen. „...und Gott schuf den Menschen nach seinem Abbild.“ Wahrlich kein Ruhmesblatt, dessen sich die den Glauben verwaltenden Institutionen, rühmen.
Den Preis aber, den wir heute nicht zu bezahlen bereit sind, werden wir früher oder später ungefragt abgelten müssen. Es bedarf keiner besondere Weitsichtig, keines überbordenden Intellekts, zu erkennen was geschieht, wenn nichts geschieht.
Mit Anbeginn dieses Jahres hat sich das Leben in globaler Dimension verändert. Unvorhersehbar? Schleichend? Ich denke nicht! Es fiel nicht vom Himmel, was wir gegenwärtig erleben. Was wir heute als globale, lebensbedrohliche Situation, der wir bisher kaum Herr wurden, wahrnehmen. Als sich abzuzeichnen begann was uns blüht, haben wir weggeschaut, weil es uns das Bunte, weil es uns den Glanz des Lebens verstellt hat. Heute schauen wir weg, weil wie die Folgen des anfänglichen Wegschauens nicht ertragen.In den Bemühungen um Maßnahmen, die der unkontrollierten Ausbreitung des Corona-Virus entgegenwirken sollen, heißt es, es wird keinen erneuten Lockdown geben. Der wirtschaftliche Schaden würde den des gesundheitlichen bei weiten übertreffen. Gemeint ist, der wirtschaftliche Schaden, bemessen an dem Niveau, dass wir hatten. Die Maßstäbe der Vergangenheit können aber nicht die der Zukunft sein. Die Maßstäbe der Vergangenheit haben in die Misere geführt, in der sich die Weltgemeinschaft befindet. Wenn wir aus ihr nicht lernen, werden die Folgen unüberschaubar. Wenn wir kein Bewusstsein, keinen Blick für den ungeheuren Überfluss, die Maßlosigkeit, in der weite Teile der Gesellschaft leben, entwickeln, wird für unsere und für kommende Generationen ein Leben in Wohlstand und sozialer Sicherheit nicht mehr möglich sein.
Zu Beginn der Pandemie hieß es, es liege eine Chance in allem. Ich habe diese Chance erkannt, nicht aber, dass die Gesellschaft sie genutzt hätte. Bereits nach wenigen Wochen machte sich Unzufriedenheit
breit, der Wunsch nach Befriedigung niederer Bedürfnisse , vor allem
des Habenwollens, des erleben Wollens. Verschwörungstheoretiker,
rechtsnationale Kräfte, die im Wirken gegen jedes Maß an Vernunft und
Verstand die Chance für sich selbst witterten, hatten bald
pseudowissenschaftliche und manipulierte Gutachten zur Hand. Die
beschworene Solidargemeinschaft, wie sie in den ersten Woche noch funktionierte, die durchaus innovativen Ideen in vielen Bereichen der
Wirtschaft, der Kunst und Kultur, der Unterhaltungsindustrie, versandeten bald.
Der mangelnden Bereitschaft, sein Verhalten den veränderten Bedingungen, der veränderten Situation anzupassen, liegt für mich schreiende Kurzsichtigkeit bis hin zu grenzenloser Verblödung zugrunde. Und diese Verblödung wiederum bildet die Grundlagen für etwas, das in seiner Dimension auf kurz oder lang weitaus schmerzlichere (globalere) Veränderungen gesellschaftlicher Strukturen erzwingen wird.
Es ist das faustische Prinzip. Du kannst alles haben. Im Genuss denkst du nicht an den Preis.
Der dies ermöglichte jedoch, vergisst den Wechsel nicht.