Mittwoch, 10. Oktober 2018

Womit haben wir das verdient?

Dass Kinder im pubertierenden Alter auf der Suche nach der eigenen Identität zum Teil sonderbar anmutende Selbstversuche unternehmen, stellt an sich keine Besonderheit dar. Die 16 Jährige Nina, Spross einer neoliberalen, atheistischen Patchworkfamilie, die jede Form religiöser Gedanken für ausgemachten Schwachsinn befindet, bildet hier keine Ausnahme. Nina konvertiert zum Islam und dies, in der Auslegung seiner Ausübung konservativsten Form. Von einem Tag auf den anderen trägt sie Schleier und Kopftuch. Hält sich akribisch an religiöse Regeln. Zelebriert die im Koran vorgeschriebenen Gebetsregeln und Rituale. Stellt ihre Ernährung nach den Vorgaben Halal und Haram um. Ändert Ihren Namen. Ihre Umgebung reagiert entsprechend mit Unverständnis, Verzweiflung und Spott.

Vielleicht sollte man diesen Film als das verstehen, als das er gemeint ist. Als bittersüße Satire, die niemanden verletzten will. Dennoch überschreitet er sehr deutlich die Grenzen des guten Geschmacks. Dies, in dem er die Intoleranz einer antireligiösen Haltung gegenüber einer konservativ religiösen deutlich herausstellt. Dies tut er, in dem er jede andere Einstellung neben der der Familie, stellvertretend für die Ansichten weiter Teile unserer Gesellschaft, als lächerlich darstellt.

Der Film fällt in eine Zeit der kontroversen Debatte über Kopftuch-Verbote, über die Beschneidung des Rechts der freien Religionsausübung, über Ausgrenzung in der Öffentlichkeit und am Arbeitsplatz, über Verschleierungsverbote, wie sie in einigen Ländern bereits unter Androhung empfindlicher Geldstrafen ausgeübt werden.
Er fällt in eine Zeit, in welcher der Islam aus manchem politischen Lager als immerwährende Gefahr stigmatisiert wird. Eine Zeit, in der kopftuchtragende Frauen pauschal als unterdrückt, in der verschleierte Frauen als Bedrohung betrachtet werden, in der Zuwanderer aus Islam geprägten Nationen z.T. unter Generalverdacht gestellt werden, sie könnten die Werte unserer westlichen freiheitlichen Grundordnung radikal unterwandern. Eine Zeit, in der, vorangetrieben durch rechtsnationalistische Parteien und Gruppierungen, Begriffe wie Überfremdung, Islamisierung, Radikalisierung kursieren und somit gezielt Verunsicherung und Angst verbreiten.

Zitat: Die Spiegel
Das Szenario dieser Verschwörungstheorie ist bedrohlich: Der Islam breitet sich angeblich in Europa aus und stülpt der christlich-westlichen Gesellschaft eine fremde, barbarische Kultur über“

Der Film wäre weniger brisant, stellte er zu der Negativhaltung der Familie ein deutliches Gegengewicht dar. Zwar geschieht dies in der Darstellung einer Art Solidarität der Altersgenossen Ninas. Es wird deutlich, dass keinesfalls ausschließlich religiöse Überzeugung das Motiv ihres Handelns ist, sondern vielmehr der Schulterschluss mit einer Mitschülerin, die aufgrund des Kopftuchs Ausgrenzung innerhalb der Schulgemeinschaft am eigenen Leibe erfuhr, doch reicht dies für mein Empfinden nicht.

Kurz gesagt, der Islam wird herunter gebrochen auf eine konservative, mittelalterliche Rituale praktizierende Religion und dies mit Elementen der Standup Comedy, also ins Lächerlich ziehenden Art und Weise.